Militärischer und Hospitalischer Orden des Heiligen Lazarus von Jerusalem Großpriorat Ostarrichi – Malta

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Milizgütesiegel

November 2015

SCHRIFT-Lectio Johannes-Evangelium 3, 14-16

Liebe Schwestern und Brüder!

‚Cur DEUS homo‘, das heißt: ‚Warum [ist] GOTT Mensch [geworden]’…
das ist der Titel eines für mittelalterliche Gelehrten-Verhältnisse
dünnen, aber umso bedeutsameren Buches aus der Feder des Heiligen
Anselmus, Erzbischofs von Canterbury (1033-1109).

Ich denk, Christliche Theologie fängt überhaupt mit der Frage nach dem
S i n n des Kreuzes an, genauer: mit der Frage nach dem Sinn des Todes
IESU CHRISTI am Kreuz. Anselmus, der Vater der Scholastik, legt im
genannten Buch mit scholastischer, philosophisch-schulmäßiger Logik die
Notwendigkeit des Kreuzestodes des HERRN dar. Sehr kurz, mit dem Mut
zu allen Lücken, summiert: Durch die riesige Menge der menschlichen
Sünde ist die Ehre GOTTES im unendlichen Maß verletzt worden, und dies
kann der Mensch nicht ausgleichen, auch deswegen nicht, weil die
Quantität der Sünde täglich wächst. Folglich mag GOTT die Menschheit
strafen und vernichten… oder aber den Ausgleich, die Genugtuung, die
satisfactio SELBST bewirken. „Daß die Genugtuung, durch die der Mensch
gerettet wird, nur ein GOTT-Mensch leisten kann“, schreibt Anselmus,
„Quod satisfactionem per quam salvatur homo, non possit facere nisi
DEUS-homo“. Und der GOTT-Mensch ist IESUS CHRISTUS, unser Erlöser und
Erretter. Anselmus‘ Satisfactionstheorie wird von vielen Theologen bis
heute vertreten – jedoch von einigen strikt verworfen… denn sie
wirft unter anderem die Frage nach der ‚Freiheit GOTTES‘ auf: Hatte
denn der raum- zeit- und causalitätsüberlegene ALLMÄCHTIGE keinen
andern Weg zur Errettung der Menschheit als die Opferung SEINER SELBST
in Menschengestalt am Kreuz…

Über all dies ist viel gestritten und viel Akademisches geschrieben
worden. Ich denk, wir Menschen können mit unserm irdischen Verstand
diese Fragen nicht abschließend beatworten. CHRISTUS sagt selbst:
„Denn des Menschen Sohn ist nicht gekommen, daß er sich dienen lasse,
sondern daß er diene und gebe SEIN Leben zur Bezahlung für viele.“
(Marcus 10,45.) Ich seh das so: Unser HERR hat die Menschheit erlöst,
losgekauft, von der Macht der Sünde befreit, die maxima culpa der
Menschheit ausgeglichen auf die denkbar eindrücklichste Weise: durch
SEIN unübertreffliches Eigenopfer, SEINEN Tod am Kreuz ~ nicht aus
irgendwelchem logischem Zwang heraus oder weil es anders nicht
gegangen wär, sondern im Ausfluß aus SEINER unermeßlichen Liebe zum
Menschen, zu SEINER Krone der Schöpfung. „Denn also hat GOTT die Welt
geliebt, daß ER SEINEN eingeborenen SOHN gab, auf daß alle, die an IHN
glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“

Diesen Gedanken setzen wir fort im nächsten Jahr.
Der Friede des HERRN sei mit Euch! Gesegnete Adventszeit!

Amen.