Militärischer und Hospitalischer Orden des Heiligen Lazarus von Jerusalem Großpriorat Ostarrichi – Malta
Militärischer und Hospitalischer Orden des Heiligen Lazarus von Jerusalem Großpriorat Ostarrichi – Malta
März 2016
SCHRIFT-Lectio Matthäus 24, 35.
Liebe Schwestern und Brüder!
In meinem sehr fröhlichen, aber ebenso konservativen, noch franzjose-
phinisch (das sprachlich seltsame -isco – schreib ich bewußt nicht) ge-
prägten Elternhaus war das Wort ‚modern‘ nahezu ein Schimpfwort. Sa-
loppe Haartracht, sogenannte Freizeitkleidung im Stadtcentrum, die
vielbesungene ’sexuelle Befreiung‘ und dergleichen haben meine Eltern
mit einer wegschiebenden Handbewegung und mit dem Wort ‚modern‘ be-
dacht: nicht nachahmenswert… verwerflich. Mein feinsinniges Erzieh-
fräulein aus Litschau hat erwachsene Männer, die in der Stadt kurze
Hosen getragen haben, verächtlich ‚im Wosser pantschende Troger‘ ge-
nannt. Liebe Freunde, so, wie die Conventionen ausgehöhlt werden, so
wird auch die Kirche kraftloser, indem sie dem Modernismus immer mehr
nachgibt und hiedurch fahrlässig ihre Würde und Autorität aufweicht.
Rekapitulieren wir. Papst Pius IX. (Reg. 1846-1878) hat anno 1864 den
berüchtigten Syllabus errorum veröffentlicht, in welchem Pantheismus,
Indifferentismus, Geheimgesellschaften, Communismus &c. und sehr deut-
lich der sittliche Liberalismus gerügt werden. Sein Nach-Nachfolger
Pius X. (Reg. 1903-1914) hat als mündliche Einleitung zu seiner Enzy-
klika Pascendi Dominici gregis gesagt: La dottrina modernista non è
„semplicemente un’eresia ma il compendio ed il veleno di tutte le
eresie“. (Der Modernismus ist nicht einfach eine Ketzerei, sondern die
Zusammenfassung und das Gift sämtlicher Ketzereien. ~ Menschen, die mich
gut kennen, sind der Ansicht, dieser Satz könnte von mir sein… womit
meine Position in der causa wohl klar ist.) Papst Pius X. hat sich vor
allem gewehrt gegen die Relativierung hergebrachter kirchlicher Dogma-
ta und Bekenntnisinhalte. ~ Bedenken wir: Wenn man alles relativiert, bleibt
nur ein großes ‚Vielleicht’… doch Kreuzestod und Auferstehung unsres
HERRN dulden, solang wir Christen sind, kein Fragezeichen.
Papst Johannes XXIII. hat den Begriff aggiornamento geprägt (giorno
italienisch: Tag), das ist die Annäherung der Kirche an heutige akade-
mische Kenntnisstände und gesellschaftliche Gepflogenheiten. Dieser
Vorgang ist streitig… das Ergebnis ist die Gratwanderung zwischen
Zugeständnissen und der Betonung der Continuität. Lassen wir hierzu
zwei gelehrte Collegen zu Wort kommen. „Die Kirche muß in die Gegen-
wart passen, um wirken zu können. Aber das heißt keineswegs, daß sie
in ihr aufgehen müsse und daß sie alles, was der Geist der Zeit so hin
und her weht, mitmachen solle.“ (Thomas Schmid.) Weiters: „Alle Ver-
heutigungen (…) verstärken den Verdacht, hier werde krampfhaft als
heutig ausgegeben, was in Wirklichkeit doch eben das Damailge ist“.
(Joseph Ratzinger, nachmals Papst Benedict XVI.)
Die Kirche hat ihre Riten, Gepflogenheiten, Ceremonien, Amtskleidung,
Bildende Kunst, Musik, Verhaltensformen usf., als Beiwerk zum INHALT.
Das (nennen wir’s so:) Schöne dabei ist der Wiedererkennungseffekt,
das Weil-es-schon-immer-so-war-Bewußtsein. Ich kenn Collegen, die gern
experimentieren: Klampfn und rock’n’roll, Geistlicher in Gassenkleidung
ohne Krawatte, DiskussionsGOTTESdienst (oh Schreck, verloß mi‘!), und
ähnlich ‚Modernes‘ in der Kirche. Die Folge ist, daß die treue alte
‚Kundschaft‘, die Senioren, fortgehn und wegbleiben. Und hiedurch ent-
steht eine Lücke in Continuität und Tradition (wörtlich! trado heißt:
ich geb weiter!), die nach nur zehn kurzen Jahren kaum schließbar ist.
Gewiß… die Jugend ist die Zukunftsträgerschaft der Menschheit. Also
muß die Kirche auf die jungen Christen zugehn. Subtil, verständnisvoll,
aber unter Hinweis darauf, daß dieses hochehrwürdige Institut seit
zweitausend Jahren ihre HEILIGEN INHALTE, ihre tradierten Regeln und,
nicht zu vergessen, ihre erhabene Feierlichkeit hat. ~ Gewiß ist auch
dies: Es wird Zeit – mein ich – , über die Lockerung des katholisch-
priesterlichen Coelibats und über die Zulassung der kirchlich gültigen
Zweiteheschließung Geschiedener nachzudenken, geleitet von der lang-
mütigen LIEBE CHRISTI (1.Cor 13, 4-7 !). ~ Gleichwohl… Kirche soll
nicht modern sein, Kirche soll Kirche sein: ewig, zeitlos, aiónios.
Schließen wir heiter, zurückkehrend zum Anfang. Vor Jahren sind mein
Sohn und ich ~ wie so oft ~ auf der Kärntner Straße umherflaniert… und
am warmen Sommertag sind uns reihenweis erwachsene Männer in kurzen
Hosen entgegengekommen. Ich hab auf den Spruch meines einstigen
Erziehfräuleins verwiesen und gefragt: „Haben sich die Zeiten so gewandelt –
oder sind das alles ‚im Wosser pantschende Troger’…“. Mein Bub hat im
Brustton der Meinungssicherheit prompt entgegnet: „Beides“.
Eine Analogie zur Kirche deut ich hiedurch ausdrücklich nicht an.
Liebe Schwestern und Brüder, ich wünsch Euch ein
GESEGNETES AUFERSTEHUNGSFEST.
Amen.
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