Militärischer und Hospitalischer Orden des Heiligen Lazarus von Jerusalem Großpriorat Ostarrichi – Malta
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Juli 2016
SCHRIFT-Lectio 1.Cor 9, 18-23, insonderheit vs. 22/b
Liebe Schwestern und Brüder!
Fangen wir an wie der weise ‚Kineser‘, den wir aus Kinostreifen
kennen, nämlich mit der Einleitungsformel ‚Confucius sagt’… und
nennen wir einen der Leitsätze des Meister Kung (551-479 v. CHR.):
Was du selbst nicht wünschst, das tu auch anderen nicht an.
Wir erkennen den Spruch: Es ist die Regula Aurea, das uralte
Princip sittlichen Handelns. Auch zu Conficius‘ Zeiten was dieses
nicht neu, es ist in mehreren Culturkreisen bezeugt seit dem achten
vorchristlichen Jahrhundert… es wird tradiert, aufgesagt, plakatiert.
Der Römische Kaiser Severus Alexander (Reg. 222-235 n. CHR.)
hat den Spruch über die Portale öffentlicher Gebäude setzen lassen:
Quod tibi fieri non vis alteri ne feceris.
(Unter uns: ein etwas seltsames Lateinisch, aber dafür kann ich nix.)
Im Juni 2016 haben wir auf die fröhliche Art nachgedacht über die
REGULA AUREA, wie sie im Evangelium nach Matthäus, cap. 7, vs. 12
steht. Kurz recapituliert: unser HERR JESUS CHRISTUS formuliert das
Princip auf eine ungewohnte Weise, nämlich linguistisch positiv (ohne
’nicht‘-Wörter). SEIN Befehl fordert ausgelegt dies: Es genügt nicht,
daß wir üble Handlungen lassen, es wird vielmehr verlangt, daß wir
gute Werke tun. ~ Liebe Freunde, hier werden zwei philosophische
Schwierigkeiten offenbar: 1) die quaestio nach einer universellen
Richtschnur und 2) der ‚Nebeneffekt‘ einer Erwartungshaltung.
Denken wir heut gemeinsam nach über die erste causa – und
setzen wir im August unsere Überlegungen fort bei der zweiten.
Gibt es denn eine allumfassende Instanz, die bestimmt, was ‚gut‘ ist…
Immanuel Kant formuliert den berühmten Kategorischen Imperativ:
Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Princip
einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne. Das klingt gut und auch
hinlänglich gelehrt – bringt uns aber nicht viel weiter. Denn: Was ist das
‚Princip einer allgemeinen Gesetzgebung’… Bereits Kollege Schopenhauer
greift Kant und seinen ‚Imperativ‘ an, mit dem (hier kurz resümierten)
Argument, daß die Forderung zu sehr der Gelehrten-Vernunft und dem
abstrakten (ich wag zu sagen: etwas weltentrückten) Begriffslexikon
entsprieße und zu wenig auf die täglich erfahrene Welt anwendbar sei;
durch theoretische Idealvorstellungen könne man genuin menschliche
praktisch-egoistische Antriebe nicht abschaffen. ~ Der sarkastische George
Bernard Shaw (1856-1950) regt frech an: Behandle andere nicht, wie du
möchtest, daß sie dich behandeln. Ihr Geschmack könnte nicht derselbe
sein. Shaw hat nicht unrecht… ein (wirklich) vornehmer Aristokrat hat
gewiß andere Maßstäbe von Höflichkeit und alltäglichem menschlichem
Miteinander als ein (wirklich) tüchtiger Unternehmer oder ein (wirklich)
kerniger ‚Hackler‘; und hier geht es nicht um Werturteile, vielmehr um
die Vielfalt, ums concedierte ‚chacun à son goût‘, und das ist auch gut so.
Etwas Einzig-Conformes gibt es in praxi vermutlich nicht. ~ Hans Küng
(* 1928) prägt im vorigen Jahrhundert den Begriff ‚Weltethos‘ und beruft
sich grad auf die REGULA AUREA. Noch als Theologie-Student war ich der
Auffassung (sehr zur Freude meines Ethik-Professors), das die universellen
Moralvorstellungen Küngs zu sehr christlich-westlich gefaßt seien, die
überlieferten Richtlinien anderer Glaubens- wie Culturkreise außer Acht
ließen und infolge der vorgefaßten Einheit die Unterschiede nicht erkennten.
Ich mutmaß vorsichtig, daß es ein Weltethos, ein Princip der allgemeinen
Gesetzgebung nicht gibt… die Kollegen Küng und Kant mögen mit mir
Nachsicht üben und die REGULA AUREA wohlwollend auf mich anwenden.
Lesen wir noch einmal den obigen fröhlich-kritischen Spruch G. B. Shaw’s.
Wird jener Satz einem cultivierten Menschen bewußt, so wird sich dieser
mehrere Garnituren von Manieren zulegen, um in den diversesten Kreisen
die richtigen Worte und Umgangsformen zu bekunden. Wie mein Vater, ein
fröhlicher Grandseigneur alten Schlags gesagt hat: Einen wirklichen Cavalier
erkennt man daran, daß er immer und überall sofort zum vertrauten Inventar
gehört. Es ist gar nicht einfach, sich sowohl an einem Königshof wie auch in
einer Matrosenspelunkn non-chalant behaupten zu können (stellt Euch vor,
jemand macht es mit Fleiß verkehrtherum! Wo fliegt er schneller ’naus…).
Eine weise Lösung bietet uns der Apostel Paulus im 1. Corintherbrief:
OMNIBUS OMNIA FACTUS SUM UT OMNES FACEREM SALVOS
Ich bin allen alles geworden, damit ich alle zu Erretteten mache.
Für uns Christen liegt der Maßstab, die Richtschnur für das, was gut ist,
was wir den Mitmenschen tun sollen, bei unserm HERRRN JESUS CHRISTUS:
QUI SEQUITUR ME (…) HABEBIT LUCEM VITAE (Joh 8, 12) ~
WER MIR NACHFOLGT (…), WIRD DAS LICHT DES LEBENS HABEN.
Amen.
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