Militärischer und Hospitalischer Orden des Heiligen Lazarus von Jerusalem Großpriorat Ostarrichi – Malta

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Milizgütesiegel

Februar 2017

SCHRIFT~Lectio: Matthäus 20, Verse 1 bis 16
Liebe Schwestern und Brüder in CHRISTO!
Wir sind im Faschingsmonat, in der Zeit fröhlicher, glamouröser Bälle
und Hausfeste. Gleichwohl fangen wir ernst an… um heiter zu schließen.
Wie ich hoff, habts tatsächlich die HEILIGE SCHRIFT aufgemacht
und das oben bezeichnete Predigtwort gelesen… rectius: heut wieder
gelesen, denn Ihr kennts die SCHRIFT als gute Christen hinlänglich.
Das Gleichnis unsres HERRN stellt das seit Ewigkeiten bestehende,
meist nicht praktizierte, jedoch oft gedachte Principium ‚Gleicher
Lohn für gleiche Arbeit‘ vollständig und jede Verhältnismäßigkeit 
über Bord werfend auf den Kopf. ~ Kurz resümiert: Der Hausvater
gibt am Abend jedem Arbeiter einen denarius, einen Silbergroschen;
sowohl denen, die volle zwölf Stunden – wie auch denen, die nur
eine Stunde (buchstäblich, mit dem Winzerwerkzeug:) gehacklt 
haben. Und die Ganztagsarbeiter matschkern, denn sie haben mehr
Göld erwartet (sh. Vers 10), obschon sie am Frühmorgen den Vertrag
verbindlich auf einen denarius geschlossen hatten (Verse 2 & 13).
Über diese eigentümliche Parabel, die mehrere Grundsätze des
Arbeitsrechts und der täglichen Vertrags-Praxis bewußt außer
Acht läßt, ist viel geschrieben und debattiert worden. Ich geh hier
nur kurz auf einen Aspectus ein. Unser HERR nimmt im Gleichnis
ein Ergebnis der knapp zweitausend Jahr‘ später ausformulierten
‚Theorie der socialen Identität‘ vorweg: Bei der Gewinnverteilung
geht es den meisten Menschen weniger darum, wieviel sie bekommen,
sondern eher darum, daß sie mehr beanspruchen als die andern; wie die
 Socialpsychologen sagen: es geht um die Maximierung der Differenz.
Die Ärmer/Reicher=Emsiger/Fauler=Hierarchie ist unüberwindbar.
Genau hiervon zeugen die ‚Matschkerer‘ in der Weinberg~Parabel.
Zwei Gedanken im Gleichnis mögen uns allerdings als Lehrsätze leuchten.
Erstens: Die Kirche, versinnbildlicht durch den Weinberg, umfaßt in gleichem
Maß alle ihre Arbeiter, unabhängig davon, in welchem Alter sie mit dem
Dienst anfangen. Zweitens: Der Hausvater gibt jedem den denarius, und
das ist der Betrag, der vor zweitausend Jahren den Tagesbedarf einer
Hacklerfamilie gedeckt hat. IESUS CHRISTUS regt hiedurch an: wir mögen
unsre Habe in der Weise teilen, daß jeder angemessen überleben kann. =
Auch angehende Theologen müssen sich präcis mit diesem Gleichnis
befassen. Mein einstiger Docent für das Biblische Fach Neues Testament
in meinem Studium, Herr Professor G., hat oftmals gesagt in seinen
Vorlesungen: ‚So seltsam dies auch klingt: Die Lebensweisung, die uns
der HERR gibt, ist im täglichen Dasein nahezu unverwirklichbar; denkt
nur an das Hinhalten der linken Backe oder das Verschenken des Mantels
(Mt 5, 39-40); die Praxis, die uns umgibt, schaut völlig anders aus… 
und ist mit dem Wesen Mensch wohl anders auch nicht vorstellbar‘.
Dies wirft einen ungemein schwierigen Gedanken auf… aber ich hab
angekündigt, daß wir carnevalsmäßig heiter schließen. Nun, der genannte
Herr Professor G. war ein notorischer, spöttisch-aggressiver Rechthaber.
Gar auch mal gegen mich, den Löwen (der fröhlichen Gelehrsamkeit)
und das hat sich nicht ausgegangen; es war oft Spannung in der Luft,
wenn wir beide im Seminarraum waren. Ich war kurz vor dem Abschluß-
Examen… und bumm! ich bin im Gegenstand Neues Testament als Prüfling
grad Herrn Professor G. zugeteilt worden… Hab den Herrn Rector angefleht,
er mög umbeschließen, denn bei jenem Examinator würd ich net bestehn,
wir würden mit Sicherheit Kölch bekommen mitten in der Prüfung… aber
Seine Magnifizenz haben mein Anliegen abgewiesen. Also hab ich meine
zuständigen drei Schutzheiligen angefleht: mög Herr Professor G. kurz,
aber acut erkranken. Und… am Morgen des Abschluß-Examens ist die
Nachricht eingetroffen: Der Collega liegt mit Influenza im Bett… Und der
vertretende, conciliante Herr Professor Schille hat mich mit acceptabler
Censur durchgelassen. Das war das einzige Mal, wo ich für jemand eine
kurze Krankheit erbeten hab… und die HEILIGEN haben mir offenbar
Recht gegeben. Selten hab ich solch frohlockenden Dank empfunden.
Das weiter oben gestreifte praktisch=theologische Paradoxon
probieren wir im März freudig wie fruchtbringend aufzulösen.
CHRISTUS spricht: NOLITE TIMERE PUSILLUS GREX
QUIA CONPLACUIT PATRI VESTRO DARE VOBIS REGNUM
Fürchte dich nicht, du kleine Herde, denn es ist eures
VATERS Wohlgefallen, euch das Reich zu geben. (Lk 12, 32)
Ich wünsch uns allen eine fröhliche, glanzvolle Carnevalszeit.
Amen