Militärischer und Hospitalischer Orden des Heiligen Lazarus von Jerusalem Großpriorat Ostarrichi – Malta

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Milizgütesiegel

Juli 2018

SCHRIFT~Lectio  Römerbrief 9, 11 bis 24

 

 

 

Liebe Schwestern und Brüder in CHRISTO!

 

 

Voriges Monat haben wir die Schwierigkeit der Historiographie und hiermit auch in 

generali die Geschichtsphilosophie gestreift; nun mögen wir etwas ausführlicher darüber 

nachdenken. Wie ich es seh, hat Geschichtsschreibung [mindestens] drei Tücken. Bevor

wir sie erörtern, sei mir ein schräger Sager gestattet, quasi als Einleitung. Es gibt ihn in

mehrern Fassungen, die folgende ist von mir. Frage: Wie lautet die Steigerung vom Begriff

des Unzutreffenden [das garstige, unösterreichisch kränkende Wort ‚Lüge‘ brauchen wir

da sicherlich net zu bemühn]. Antwort: Höflichkeitsformel, Statistik, Wahlversprechen,

Geschichtsschreibung. = Die erste Schwierigkeit ist: Historiographie ist stets subiectiv

und tendentiös. Ich erdreist mich gar zu folgender hypóthesis: Je mehr der Verfasser sich

bemüht, obiectiv zu sein, desto subiectiver wird sein Werk = denn: es ist das Subiect, das

sich bemüht. Jedermann schaut alles durch seine eigenen speciellen Augengläser… längst

Vergangenes, was er nur vom Hörensagen kennt, erst recht. Hierzu kommt noch das, was

in der Philosophie der Hermeneutische Zirkel genannt wird: Das Ganze können wir nur von

seinen Teilen her verstehn = aber die Teile können wir nur dann als Teile erkennen, wenn

wir vorher das Ganze begriffen haben. Und daraus folgt dann dieses… wie mein Gelehrten=

College und einer meiner Lehrmeister, Professor Georg Wieland (*1937) schreibt: „Ich kann 

etwas nur dann verstehen, wenn ich zuvor schon etwas von dem, was ich zu verstehen 

suche, verstanden habe“. Der berühmte Hans-Georg Gadamer(1900-2002) bezeichnet diese

Art des Vorverständnisses als Vorurteil; er meint, „daß der Mensch wegen seiner Endlichkeit

niemals Herr seiner Vorurteile zu werden vermag“. Demnach steckt Verstehn immer in der

Abhängigkeit von geistigen Zeitströmungen sowie von Erziehung, Familientradition und

persönlichen Erfahrungen dessen, der etwas = auf seine specielle Weise, denn anders kann

er nicht = begreift, bearbeitet, auslegt. {Zur Auflockerung: Herrn Professor Gadamer hab ich

als fröhlicher studiosus gekannt; er hatte ein offenes Haus geführt, collegiale Visite war stets

willkommen. Er ist über hundert geworden… und hochgradig berühmt, vor allem wegen seiner

Ansicht, daß das Verstehn und das hiedurch angeleitete Beschreiben immer relativ sei, zumal 

in der Dependenz des jeweils eigenen, persönlichen Orts und Horizonts. Nun gewiß… mir war

dieser net groß bergeversetzende Geistesinhalt auch bewußt, lang bevor ich von Gadamer auch

nur eine Silbe gelesen hatte… aber da ich net geahnt hatte, daß jene thesis berühmt macht,

hab ich sie net veröffentlicht. Moral der Gschicht: reich und bekannt wird der Schnellere.}

Aber, liebe Freunde, das reicht noch nicht. Historiographie, wie wir es weiter oben vermerkt

haben, ist net bloß subiectiv, vielmehr auch tendenziös. Geschichtsbücher entstehn ~ ich trau

mich zu dieser Verallgemeinerung ~ immer unter dem Commando politischer Vorgaben. Am

deutlichsten ist dies zu sehn bei den Werken, die während der Dictaturen verfaßt worden

sind. Legen wir etwa die Bücher der beiden Historiker-Windfahnen Karl Baron v. Galléra

aus dem Nationalsozialismus und Isaak Minz aus dem Sowjetkommunismus nebeneinander;

ersterer hat alles auf den schnurrbärtigen Mann aus Braunau zugeschnitten, letzterer hat

seine Ausführungen consequent und in den jeweils gebotenen Zeitabständen jeder kleinen

Bewegung der Parteiideologie treu angeglichen. Selbst jemand wie der um Präcision bemühte

Joachim Clemens Fest (1926-2006) ist von NS-Rüstungsminister Albert Speer in den späten

Sechzigerjahren fest und fester eingewickelt und eingebraten worden… und so war es, wie

College Volker Ullrich schreibt, Speer gelungen, „seine eigene Legende vom unpolitischen

Technokraten festzuschreiben“. Von den zeitgenössischen ‚Gelehrten‘, die sich bei der Arbeit

irgendeiner ‚political correctness‘ [hierüber denken wir ein andermal nach] verpflichtet sehn,

mag ich diesmal ganz schweigen. = Nun, liebe Freunde… was ist Historiographie, wie genau

kennen wir unsre eigene, des Menschen, Geschichte… Wahrscheinlich ist es mit unserem

Wissen gar net weit her… denn alles, was nachträglich aufgeschrieben wurde, ist subiectiv

und tendenziös. Und das ist bloß die erste Tücke der Geschichtsschreibung… mit den andern

beiden setzen wir unsre Gedankenfolge im August fort. Theologisch festzuhalten ist bisher,

daß grad hier die Kleinheit des Menschen gegenüber dem HERRN gut erkennbar ist und grad

hier die Ermahnung klar begründet erscheint: Mensch, sei nicht versucht, dich auf eine Stufe

mit deinem Schöpfer zu stellen. Unser ‚Wissen‘ über die eigene Geschichte ist eitles, von Ort,

Zeit, Obrigkeit beeinflußtes Stücklwerk. Nur der ALLMÄCHTIGE als DOMINUS Historiae hat

die einzig zutreffende Kenntnis von unsern Geschicken, jede Einzelperson, jede Verbindung,

jeden Zusammenhang wie auch das Universum von Anfang bis Ende als in IHM Geschlossenes

angehend. Nur wenn unsre Geister in CHRISTO ruhn und mit SEINEM GEIST vereint sind,

können wir von alledem etwas erahren.

 

CHRISTUS spricht: 

VOBIS DATUM EST NOSSE MYSTERIA REGNI COELORUM (Mt 13,11)

euch ist gegeben zu erkennen die Geheimnisse des Reichs der Himmel

 

 

GESEGNETE SOMMERZEIT!

Amen.