Militärischer und Hospitalischer Orden des Heiligen Lazarus von Jerusalem Großpriorat Ostarrichi – Malta
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August 2019
SCHRIFT~Lectio Marcus 10, 35 bis 45
Liebe Schwestern und Brüder in CHRISTO!
Wie wichtig wir uns nehmen, wir Menschen! Insonderheit diejenigen unter uns,
die ~ sicherlich zu Recht ~ der Auffassung sind, daß sie etwas darstellen und
einiges bewegen in diesem irdischen Sein, wollen gern Titel, Würden, Ehrungen,
Funktionsbezeichnungen haben… als Belohnung ihrer Activität oder aber als
hörbares, lesbares Merkmal ihrer Wichtigkeit. ~ Ich denk und hoff, Ihr habts alle
eine HEILIGE SCHRIFT in Reichweite, also schlagts, bitte, die Lectio wirklich auf.
Dieses HERRENwort, in speciali in den Versen 42 bis 44, enthält einen der obersten
Grundsätze des praktischen Christseins. Recapitulieren wir kurz: Die Söhne des
Zebedäus, also Jacobus und der Lieblingsjünger Johannes, bitten den HEILAND um
die zwei höchsten für Menschen erreichbaren Ehrenplätze im HIMMELREICH, wohl
als Lohn und als Würdezeichen. Der HERR rügt die beiden und hält dann Seinen
Jüngern ~ durch die SCHRIFT vermittelt auch uns ~ einen kurzen Vortrag über
Rang und Macht, über Dienst und Verpflichtung. ~ Liebe Freunde, diese Worte
unsres MEISTERS legen sich selbst aus… und da wir im fröhlich~sommerlichen
Löwenmond sind, lad ich uns zu einem leicht humorigen, gleichwohl zur Lectio
strict passenden Philologisieren ein. {Der August ist vor circa zweihundert Jahren
auch Löwenmond genannt worden, maßen die Sonne dieses Monat durch das
Sternbild Leo geht, und auf den klaren Nächten Großer Löwe wie Kleiner Löwe am
Firmamentum gut sichtbar sind.} Ich mutmaß, es sei jedem kritisch denkenden
Menschen bewußt, daß die Welt von Rängen, Titeln, Würden, Ämtern nichts als
ein großangelegtes society game ist. Leute verleihen einander die Competenz, sich
gegenseitig zu diesem und zu jenem zu ernennen. Also entstehn Hierarchien,
Respectverhältnisse, Ehrfurchtempfindungen… aber auch Protzen und Kuschen.
All dies wird maßlos überbewertet… hierüber schreiben wir ein andermal; heut
mögen wir uns heiter anschaun, wovor wir uns denn täglich so eifrig verneigen. ~
Fangen wir an bei unsrer hochlöblichen Amtskirche. Pastor heißt wörtlich Fütterer,
in Anlehnung an das Wort des HERRN an Sanct Peter: Weide meine Schafe {Joh 21,16}.
Bischof, eine verschleifende Eindeutschung des griechischen Epískopos, bedeutet
Aufseher [-skopos kennen wir von Teleskop, Mikroskop, Kaleidoskop her… all dies
hat mit dem Schaun zu tun]. Und Seine Eminenz der Cardinal ist der Scharniermann.
Cardinalis ist nämlich eine Ableitung vom lateinischen cardo [ned vom griechischen
kardía, Herz, wie ich dies hie und da les], und das heißt Türangel; ist auch Mutterwort
für das französische charnière und das wienerische Scha’níer. Was das mit den
Kirchenfürsten zu tun hat: ein Cardinal ist halt ‚wichtig‘ [da haben wir den Begriff
wieder] wie ein fester Angelpunkt. Daher auch die Cardinaltugenden Gerechtigkeit,
Weisheit, Mäßigung, Tapferkeit, die schon Plátōn beschreibt… wir lesen auf vielen
Kirchenwänden die Worte iustitia, prudentia, temperantia, fortitudo. {Wenn wir
schon beim Scharnier sind, mögen wir weiterlächeln: Wenn eine Dame nicht sein
Geschmack, also nicht sein ‚genre‘ war, pflegte mein Vater scherzhaft zu sagen:
„ned mei‘ Scha’néa“.} ~ Schaun wir nun die Aristokratie. Prinz, lateinisch princeps,
ist der Erstzugreifende, also derjenige, der aus der Kriegsbeute allen voran die
sammelwürdigsten obiecta aussuchen durfte; das Wort ist eine contractio aus
primus, erster, sowie capere, greifen. Der Klassen=primus, der alles kapiert, trifft
sich linguistisch mit jedem Prinzen. Und der Graf… das ist der Herr Schkribler;
das Ahnwort dazu ist das griechische γραφεύς, lests grafeüs, der Schreiber; wir
kennen doch all die Steno= , Kalli= und Historio=Graphen. Im Frankenreich war der
Graf nämlich ein königlicher Amtmann, der in einem Gau mit der Verwaltungshoheit
ausgestattet, also auch für den Schriftkram zuständig war. Und Kaiser, caesar, heißt
gar der Herausgeschnittene, abgeleitet von caedo, ich schneide; der Vorfahr Numerius
Iulius des berühmten Gaius Iulius Caesar war durch Kaiserschnitt zur Welt gekommen,
daher das cognomen, der Beiname dieses Zweiges der Gens Iulia. ~ Aus der Politik
nenn ich erstens den Minister, was schlichtweg Diener bedeutet [beim aus der
Kirche bekannten Ministranten ist uns dies eher bewußt]; all die activen Inhaber
dieses Amtstitels sollten dessen Wortsinn regelmäßig durch den Kopf schwirren
lassen. Und zweitens den Diplomaten… das ist der Urkundlich Bestätigte, aber
von der Grundbedeutung des Begriffs her der Gefaltete; diploma, Schriftstück,
kommt vom griechischen diplóos respective díplyx, das heißt zweifach oder in zwei
Hälften gefaltet [wie Kanzleiurkunden dereinst häufig waren]; hieraus auch die uns
wohlbekannten Wörter duplex und doppelt… auch die Redaktion der Zeitung Falter
laßt griaßn. ~ Schließen wir mit der Akademie. Welch ein Aufreger um die Titerln
Doctor und Professor! Der erste bedeutet ’nur‘ Lehrer, der zweite ‚bloß‘ Bekenner,
also jemand, der sich als Docent zu erkennen gibt. Der schönste akademische Titel
ist Magister, Meister… immerhin wird unser HEILAND auch so angeredet, von Seinen
Jüngern, aber auch von Seinen Gegnern [sehts etwa Matthäus 12,38]. ~ Freunde… wir
verbeugen uns also vor dem Aufseher, dem Erstzugreifenden, dem Lehrer… Soll ich nun
frech sagen: schmafú… ich sag ’s aber ned und begründ das sofort. Gleichwohl: reden
wir mal einen Professor, einen Minister, einen Cardinal jeweils mit Herr Bekenner,
Herr Diener, Herr Scharniermann an… Messieurs könnten es uns verübeln! Dabei
bezeigen wir nur linguistische Bildung. Aber Hamur beiseit… die Altösterreichische
Seele hat nun mal eine Affinität zu Titeln. Eine kleine Ersatzfreude müssen wir ja haben,
nachdem die ‚Republik‘ die Aristokratischen Würden böswillig und ihre Competenzen
dreist überschreitend gekänzlt hat. Die Vorliebe ist verständlich und berechtigt. Aber…
wir schaun, daß das alles so bombastisch ned ist, wie sich das anhört… oder wie es uns
durch eindrucksvolle Fremdwörter suggeriert wird. Lächeln wir kritisch wie autokritisch
über Hochmut und Wichtigmacherei der Mitmenschen wie von uns selbst… und wenn wir
ein Amt und einen klangvollen Titel haben, dann lassen wir das fruchten zum Wohl aller.
CHRISTUS spricht {Marcus 10, 44}:
ET QUICUMQUE VOLUERIT IN VOBIS PRIMUS ESSE ERIT OMNIUM SERVUS
Und wer unter euch der Erste sein wird wollen, der werde der Diener aller.
GESEGNETEN, FRÖHLICHEN SOMMER!
Amen
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