Militärischer und Hospitalischer Orden des Heiligen Lazarus von Jerusalem Großpriorat Ostarrichi – Malta
Militärischer und Hospitalischer Orden des Heiligen Lazarus von Jerusalem Großpriorat Ostarrichi – Malta
April 2020
SCHRIFT~Lectio I.Corintherbrief 15, 3 bis 8
Liebe Schwestern und Brüder in CHRISTO!
In den Wochen um den jüngsten Jahreswechsel herum hab ich in diversen
Clubs und Gemeinschaften mehrere Vorträge gehört im Bereich des großen
Themas ‚Wer vertritt heut die Christlich~Abendländische Cultur und Tradition‘.
Offen gesagt, ich war ned sonderlich beeindruckt von den Ausführungen der
Docenten, gleich aus drei Gründen. [Ad marginem bemerkt: ich hab in dem
hinter mir ruhenden halben Jahrhundert zahllose Vorträge gehört, die recht
gelehrt geklungen, nur die quaestio causae ned beantwortet haben; und das
Söltsamste daran ist, daß dies den wenigsten der Zulauscher aufgefallen war
– oder steckt der Mangel in mir, der ich stets Patentrecepte auf dem sülbernen
Tablett serviert erwarte.] Zum einen: die Referenten haben nicht gesagt, was
die Sache genau ist, die es heut zu vertreten gilt respective gelten sollte. Zum
andern: sie haben politisch tendenziös = mal in dieser, mal in jener Richtung =
einige zeitgenössische ‚Prominente‘ [ich will keine Namen nennen] quasi als
Vorbilder dargestellt… nun, liebe Freunde, ich wüßt ned, was ich da abgucken
oder nachahmen sollte – außer diesem: wie gelangt einer durch geschickt
herbeigeführte und gut genützte Protection zu hohen Ämtern und in Folge
hiervon zu viel Göld. Und zum dritten: die Sprecher sind in Negativismen
geflüchtet – die Kirche tut dieses ned, die Gesellschaft macht jenes ned, und
der Staat fühlt sich ned zuständig, hier einzugreifen. = Sind wir nun klüger…
Ich bitt jetzt meine vier Schutzheiligen darum, daß ich ned sölbst die gleichen
Schnitzer mach, die ich den Collegen ankreid… und nun gehn wir systematisch
vor. ~ Was ist Christlich~Abendländische Cultur. Der Begriff scheint eine Art
weißer Rappe zu sein, denn die Wiege des Christentums liegt im Morgenland.
Für mich ist es eindeutig, daß Christentum mitsamt all seiner Tradition nicht
auf den Occident zu beschränken ist. Weiters wurde und wird der Begriff in
der Geschichte meist als Schlagwort, als Abgrenzungsparole verwendet. Aus
diesen beiden Gründen ist er revisionsbedürftig. Liebe Freunde, um ein arges
Mißverständnis, das hier leicht aufkommen kann, gleich zu bannen: ich bin ein
streitbarer, hoffentlich auch sattsam couragierter Verteidiger des Christlichen
Gedankenschatzes und ein freudvoll~devoter aesthetischer {auch im primären
Wortsinne: αἴσθησις, aísthēsis, bedeutet Erfassung, bewußte Anschauung}
Bewunderer, wohl auch Kenner der Werke der Abendländischen Kunst. Die
Phrasis, um ned zu sagen: Kampflosung ‚christlich~abendländisch‘ ist jedoch
eine Engführung. = Schaun wir ins Geschichtsbuch… und da wird es für alle
historisch interessierten Menschen richtig aufregend. Der Begriff kommt mit
Papst Leo Magnus, dem Großen Löwen auf, dem Begründer der auch heut
geltenden Lesart des Papsttums {Regierungszeit 440 bis 461}. Er hat den
Primatsanspruch des Bischofs von Roma als des Amtsnachfolgers Sankt Peters
{confer: Matthäus 16, 18} voll ausgearbeitet, den caesarischen Titel Pontifex
Maximus [wörtlich: Größter Brückenmacher] wiedereingeführt und die Lehre
der Ecclesia gegen Abweichler verteidigt. Kaiser Theodosios II. tituliert in
einem Brief an ihn den Löwenhaften Bischof ‚Patriarcha Occidentis‘, Erzvater
des Abendlandes; Leo selbst hat diese Bezeichnung nicht verwendet, aber
seine Nachfolger haben sie aufgegriffen… erst Papst Benedictus XVI. hat sie
anno MMVI zurückgelegt, leider, mein ich, denn solche Traditionen gehören
gepflegt. Dieser Titel, wie auch der damit eng verknüpfte Begriff ‚Occidens
Christianus‘ wurde vom fünften Jahrhundert an bewußt als Gegenbegriff zum
‚Oriens Christianus‘, zum Morgenländischen Christentum sowie zum Griechischen
Patriarchatus von Konstantinûpolis verwendet; ein Separierungsausdruck also.
In diesem Sinn, in dieser Function – stets mit dem eingrenzerischen wie auch
auskreiserischen Beigeschmack – wird die Geschichte des Begriffs fortgeführt,
bis in unsre Tage ~ und wir flechten diese Gedanken hierüber weiter im Mai. Für
heut schließen wir mit einem Wort meines Gelehrten~Collegen Robert Spaemann
[1927-2018]; es mög zum Nachsinnen anregen als Vorbereitung zur Fortsetzung:
„Was begründet die Identität eines Volkes? Die Gemeinsamkeit der Erinnerung.
Die Gemeinsamkeit einer ,großen Erzählung‘. Und das gilt erst recht für das Volk
GOTTES. Es lebt von der Tradition, vom Empfangen und von der Weitergabe des
Empfangenen. In diese Geschichte gehört der tausendjährige Abwehrkampf der
christlichen Zivilisation gegen den islamischen Imperialismus, die Erzählung von
Karl Martell und der Schlacht von Tours und Poitiers, vom Sieg der Christen in der
Seeschlacht von Lepanto mit Don Juan d’Austria, begleitet vom Rosenkranzgebet
der ganzen Christenheit. Schließlich die Rettung Wiens durch den Prinzen Eugen
und den König von Polen. Und so geht es weiter […].“
CHRISTUS spricht:
NEQUE DICENT ECCE HIC AUT ECCE ILLIC
ECCE ENIM REGNUM DEI INTRA VOS EST
{Die Leute} werden nicht sagen: siehe hie oder siehe dort
denn das Reich GOTTES ist in euch. {Lucas 17, 21.}
Ich wünsch uns besinnliche nachösterliche Wochen
und eine fröhliche, sonnige vorpfingstliche Zeit.
Amen.
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